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HARMONY SOCKET

Ich erlange blinzelnd erneut mein Bewusstsein zurück, bin noch immer in meiner Konsole angedockt. Auf meiner Netzhaut glimmt das Negativ der monolithischen Lichtabformung nach – retinales Abbild des wechselseitigen Flusses virtueller Protonen und der vorhandenen Vakuumenergie. Die Lichtwelle hatte sich von der geraden Kante der gewichtigen Bodenausstülpung über dessen Verjüngung eruptiv hin in mein Sichtfeld ergossen.

Während sich meine Augen langsam erholen, realisiere ich, dass sich der Sitzsockel an mein aktuelles Genital anschmiegt, anschwillt und es dabei angenehm umschließt. Mein Blick wandert an meinem Körper nach unten. Ich kann das Passmoment jedoch nicht sehen, kann es nur erspüren.

Wo vor der letzten Lichtemission noch die transparente Füllung meines Brusttrichters, künstliches Konvex, von ihren Trägern festgeschnallt wurde zur Komplettierung meiner Oberfläche, werden nun zwei weiche Brüste abgebunden und flachgedrückt. Meine Nippel sind unkenntlich, der Brustkorb durch Kompression geglättet. Dieser andere Modus erregt jenen meinen Körper.

Die Abformung meiner äußeren Geschlechtsteile hingegen beginnt zu schmerzen, scheinbar ist das orangene Material inzwischen ausgehärtet.

Die eingegossenen Filter in meinen Gehörgängen verhindern, dass das Zischen des Auslöschens organischer Beschichtungen von der anderen Seite der Kapsel zu mir durchdringt. Dort entsteigt das Soma gleich einer durchlässigen Skelettkonstruktion dem Becken voll ätzender Lösung. Erst als es sich vollständig in eine liegende Stützstellung begeben hat, bemerke ich seine Anwesenheit. Unnatürlich scheinen die verbleibenden Organformen in seinem Gestell verbrämt. Sie sind nicht gewachsen, sondern durch das Aushärten verschiedener Kontrastflüssigkeiten und künstlicher Stoffe vollsynthetisiert und in der leihmütterlichen Maschine unserer geteilten Zelle ineinander geglitten. So sitzt das uterale Anorgan auf den stählernen Streben im Körperzentrum des kybernetischen Wesens, ist nur durch eine transluzente Membran vom Gerüst getrennt. Ohne Knorpel, Sehnen und Fleisch scheinen die einzelnen Bestandteile nur durch die sie umgebende Strahlung an ihre Position fixiert, die Gliederschnittstellen auf ihre Gelenkpassungen heruntergebrannt zu sein. Der Anblick befriedigt mich, macht mich jedoch auch auf die Unvollkommenheit der eigenen Körperlichkeit aufmerksam.

Ich reagiere frustriert mit einer weiteren Neukonfiguration der Szene: Ablösen aus dem Sattel, Einpassen meines neugeborenen Körpers in das neue, somatische Konsolenwesen und die Haltung, die es mir vorgibt, Konzentration und – freeze!-  Erstarren unter gleißender Lichteruption.

Letzte Tröpfchen der Säure erreichen den Boden der Zelle. Kein Dampf steigt auf im luftleeren Raum.

Luisa Kömm, Kunstakademie Münster

08.10.-31.10.2017

Budapest,Ungarn; Zagreb,Kroatien; Ljubljana,Slowenien; Bled,Slowenien; Zürich,Schweiz; Paris,Frankreich

Dekonstruktion durch andockende Artifizien;
Homöotechnik: Das Verhältnis von Ge-Häuse und Ge-Stell ist neu zu denken. [Sloterdijk]
Den Körper als technisches Modular sehen und formable Entität benutzen,
und neben dem Normativen, Pathologischen und Kompensativen von Orth- und Prothetik noch das Ästhetische abseits des Normalen hervorholen, sozusagen vom Subjekt zum Projekt,
function follows form [Flusser]
vielleicht lifestylemedizin? business as usual nur geiler.
Ästhetisches, auch pragmatisches [weil Grenzverschiebung ja relativ], exoenhancement!
[…] nicht-herrische Form von Operativität […]. Diese kann ihrem Wesen nach nichts ganz anderes wollen als das, was die »Sachen selbst« von sich her sind oder werden können. Die »Materien« werden im komplexen Denken von ihrem Eigensinn her konzipiert und von ihren maximalen Eignungen her in Operationen einbezogen – sie hören damit auf, das zu sein, was traditionell als »Rohstoff« bezeichnet zu werden pflegte. Rohstoffe gibt es nur dort, wo Rohsubjekte – sagen wir der Deutlichkeit zuliebe herkömmliche Humanisten und Egoisten –
Rohtechniken auf sie anwenden. [Sloterdijk]
vollwertiges Mitglied der anthroprotechnics werden,
autonom bleiben in der Entscheidungsfrage des Enhancen, denn wir reden hier ja nicht über functio-biomedizinisches Enhancement
– aber klar, ein gewisser Druck wird da sein, wenn du cool sein willst

P.s.: Normalisierungstechniken wirken homogenisierend

Egészség[ére] team ottobock. Hungary!
und aufrichtigen Dank an ottobock. Duderstadt für das Arrangement einer eigenartigen Anfrage

Vilém Flusser: Körper entwerfen. In: Vom Subjekt zum Projekt. Menschwerdung, 1994.
Peter Sloterdijk: Der operable Mensch – Zur Einführung des Konzepts Homöotechnik. In: Das Menschentreibhaus: Stichworte zur historischen und prophetischen Anthropologie; vier große Vorlesungen, 2001.

Passteile

2017

Es sind jegliche Formgefüge, – Passteile, in eine Ebene überführt, – »frontal«, »reduziert« und »definiert« als Symptome dieses malerischen Vollzugs – auf die ich achte. Felicia Dürbusch

Sich-Anschmiegen

2015

Der Malerin geht es in ihren Bildern um das Wunder des Zueinanderpassens, um das ebenso exakte wie harmonische Sich-Anschmiegen und Ineinanderfügen zweier Formen. Diese müssen außerhalb der Bildwirklichkeit gar nichts miteinander zu tun haben. Im Bild werden sie von der Künstlerin (…) aneinandergesetzt, oftmals in ausgedehnten Gelenkzonen, manchmal auch nur an wenigen Berührungspunkten. Diese aber sind das Wesentliche (…): Solche entstehen erneut im Einpassen der jeweiligen Formen ins Bildformat, denn auch an den Außengrenzen des Gemäldes operiert Felicia Dürbusch haargenau, so dass die Motive wirken wie unverrückbar eingespannt ins Bildgeviert. Die Körperlichkeit der Malerei bildet dabei einen starken Kontrast zum beinahe grafischen Look der Gemälde (…). Stephan Trescher

Interview

2013

Malte: Felicia, wie gehst du vor? Wie fängst du an, wenn du malst, wie geht das bei dir los?

Felicia: (…) Ich weiche gerne von den realen Bildvorlagen ab und „modelliere“ dann auf der Leinwand weiter (…).

Malte: (…) – das sieht man ja auch an den starken Linien, die den Körper begrenzen und zusammenpacken – du definierst den Körper meist zum Mittelpunkt des Bildes hin. Dort kennzeichnest du verschiedene Ebenen, hast aber immer noch die Hintergrundebene des Bildes als Gegenspielerin.  Wie gehst du mit den Bildhintergründen um?

Felicia: Ehrlich, die Hintergründe sind mir eine nichtssagende Last. Ich versuche, sie immer in den Vordergrund, zur Figur zu holen. Dort bewegen sich die entscheidenden Linienschwünge, die akkuraten Outlines und Layers.

Malte: Wir können noch einmal rekapitulieren: Die Begrenzung macht deine eigentliche Befreiung fürs Malen aus (…).

Felicia: Der Malprozess, bei dem ich Motive wie Passstücke oder Überschneidungen zusammenbringe, ist für mich eine Art Befriedigung, vor allem, was den Prozess betrifft. An diesen Linien solange zu malen, bis sie sich aneinanderschmiegen, ist das, was mich wirklich interessiert.